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Im Test: VirtuaVerse (PC)

Mit VirtuaVerse erwartet euch ein spannendes Point & Click-Adventure der alten Schule von Entwickler Theta Division und Publisher Blood Music. Das sagt euch beides nichts? Kein Wunder, denn es ist nicht nur der erste Titel des Studios, sondern auch für den Publisher! Blood Music ist eigentlich ein Musik Label, welches vor allem durch die  Veröffentlichungen der Synthwave-Galionsfigur Perturbator bekannt geworden ist und nun mit VirtuaVerse den Sprung in die Videospielindustrie wagt. Wir haben uns das AVR-Headset aufgesetzt und verraten euch im Test, ob sich der Trip in die digitale Zukunft lohnt oder ihr doch lieber in der Realität bleiben solltet.

Die Zukunft, in der unser Protagonist Nathan lebt, ist keine schöne. Nach einem erbitterten Krieg zwischen künstlichen Intelligenzen, hat eine davon die Oberhand erlangt und reguliert nun die gesamte Erdbevölkerung mit einer permanent integrierten Realität, in der nur sie bestimmt, was wir zu Gesicht bekommen. Informationen, Werbungen, sogar das äußere Erscheinungsbild einer Person kann darüber bestimmt und somit die Realität je nach Belieben verändert werden. Alle, die nicht an diesem Netzwerk via neuronalen Chip integriert sind, gehören zu den Außenseitern der Gesellschaft. Nathan ist einer von ihnen, der seinen Lebensunterhalt mit der Schmugglerei von modifizierter Hardware und Software verdient. Zusammen lebt er zurückgezogen mit seiner Freundin Jay, die als AVR-Graffitikünstlerin und Musikerin ebenfalls eher im unteren Bereich der Gesellschaft zuzuordnen ist. Als eines Morgens jede Spur von Jay fehlt, wird Nathan das Gefühl nicht los, dass irgendwas nicht stimmen kann und macht sich daher auf die Suche, die ihn zu allen möglichen Gefahren führen wird.

VirtuaVerse ist ein klassisches 2D Point & Click-Adventure, wie es im Buche steht. Wer schon einmal Titel wie Baphomets Fluch, Monkey Island oder Gabriel Knights gespielt hat, wird ein gutes Bild davon haben, was ihn hier erwartet. Wir schicken unsere Spielfigur mit Mausklicks durch die detaillierten Umgebungen, lassen ihn Objekte näher betrachten, Terminals bedienen, mit NPCs reden, Gegenstände einsammeln und natürlich warten einige Rätsel auf uns, die von uns gelöst werden wollen. Die sind meistens nachvollziehbar und logisch aufgebaut, können aber auch hier und da eher in die absurde Richtung abdriften. Beispiele gefällig? Fast am Anfang unseres Abenteuers versperrt uns ein Türsteher den Weg. Wir probieren ihn mit Geld, Essen oder Drogen zu bestechen oder einfach mit dem Feuerlöscher eins über die Birne zu ziehen, aber selbst ein normales Gespräch führt zu keiner Einsicht. Vom Spiel selber bekommen wir keine Hinweise darüber, wie wir unserem Ziel näher kommen können. Eher aus einem Zufall heraus, spielen wir am örtlichen Terminal herum und stellen irgendwann fest, dass sich eine Pizza an die Adresse schicken lässt. Unwissend, ob sein Chef vielleicht wirklich die Pizza bestellt hat, führt der Türsteher die Drohne mit der Lieferungen in das Geschäft, was uns das nötige Zeitfenster gibt, um selber den Laden endlich zu betreten. In einer anderen Situation müssen wir zu einer Insel, aber die Person mit dem einzigen Boot am Steg beachtet uns nicht, da sein Ghettoblaster alles übertönt. Statt also den Ghettoblaster z.B. mit dem von uns mitgenommenen Besenstiel ins Wasser zu stoßen, müssen wir hier deutlich kreativer werden und die Situation genauestens beobachten. So fällt uns auf, dass der Bootbesitzer regelmäßig seine aufgerauchten Zigaretten gegen eine alte Hütte wirft. Mit einer leicht entzündlichen Flüssigkeit, die wir kurz zuvor erhalten haben, können wir die Stelle benetzen, damit der nächste anfliegende Stummel die Hütte sofort in Brand setzt. Durch den hellen Feuerball erschreckt sich unser Hobby-Matrose, fällt rückwärts ins verdrecke Wasser, was uns die Gelegenheit gibt, als strahlender Retter zu erscheinen. Wir ziehen ihn aus der brenzligen Situation heraus und erhalten als Dank die nötige Überfahrt.

Das sind nun sicherlich nicht die absurdesten Lösungswege, die das Genre je gesehen hat, aber verlangen von uns einen gewissen Grad an Querdenken. Spieler, die gar keine Erfahrungen mit älteren Point & Click-Ablegern gemacht haben und höchstens moderne Adventures, wie von Telltale oder Life is Strange, kennen, könnte dies nicht selten abschrecken. Man muss nicht nur vorausschauend agieren und gut beobachten können, sondern sollte alles ausprobieren und versuchen, egal ob es im ersten Moment logisch erscheint. Da hilft vor allem die Jagd nach jedem kleinen Pixel, denn nicht selten versteckt sich ein hilfreicher Hinweis im Hintergrund. So sehen wir in einer anderen Stelle im Spiel, dass ein Stromkabel von einem Stromkasten zu einer Maschine führt. Statt aber nun mit dem Kasten interagieren zu können, weigert sich Nathan irgendwas daran zu machen, bis wir uns den Kasten, die beiden Enden des Kabels, sowie die Maschine selbst, mindestens einmal angeschaut haben. Erst dann erkennt unser Protagonist selber einen Sinn dahinter und führt den Befehl aus. Es geht also nicht selten um die richtige Perspektive und hier kommt das AVR-Headset ins Spiel, welches von uns in den ersten Spielstunden erstmal repariert werden will. Mit diesem Gerät sehen wir die Welt so, wie sie eigentlich von der amtierenden KI gewollt ist. Informationen, Werbeanzeigen, Graffitis, Nachrichten und eher surreale Darstellungen überfluten sofort unsere Synapsen und fühlen sich mehr wie ein digitaler Albtraum an. Das hin und her schalten zwischen den beiden Realitäten hilft uns aber enorm auf unserer Reise. Auf der Suche nach Jay treffen wir auf einen Treffpunkt der Blades, einer der unzähligen Hackergruppen der Stadt, die überall ihr AVR-Graffitis hinterlassen. Mit einer aktiven Schnittstelle zum VirtuaVerse sehen wir die pulsierenden Schmierereien an den Häuserfassaden, doch deaktivieren wir unser Headset, sehen wir stattdessen stinknormale QR-Codes an den Wänden, die wir mithilfe eines veralteten Smartphones einscannen können, um an weitere Informationen über die Gangs zu gelangen.

VirtuaVerse spielt sich nicht nur wie ein klassisches 2D Point & Click-Adventure der alten Schule, es sieht in erster Linie auch danach aus. Das Retro-Pixel-Artdesign zieht sich durch das gesamte Spiel und liefert trotz zweidimensionalen Hintergründen eine gelungene Cyberpunk-Atmosphäre. Dabei haben die Entwickler vor allem nicht die Abwechslung vergessen. Zwar laufen wir in der ersten Hälfte durch die klischeebehaftete Straßen und Clubs rum, doch verschlägt es uns auf unserer Reise noch in ganz andere Umgebungen, auf die ich Aufgrund von Spoilern nicht näher eingehen will. Dieser Mut zu Experimenten spiegelt sich auch im Soundtrack wieder, denn zwar hat man hier für Master Boot Record ins Boot geholt, den man für seinen brachialen Mix aus Synthwave, Chiptune und Heavy Metal kennt, doch werden die verschiedenen Locations des Spiels auch jeweils passend untermalt.


Fazit:
Ich muss gestehen, dass ich vor der Veröffentlichung von VirtuaVerse eine gewisse Skepsis hatte. Audiovisuell war zwar im Vorfeld nichts zu bemängeln, aber es war eben der erste Titel von einem unbekannten Entwickler in Zusammenarbeit mit einem unerfahrenen Publisher und weckte deswegen nicht schlechte Erinnerungen an ein Gods Will Be Watching. Diese Bedenken dürfen nun aber offiziell begraben werden, denn Entwickler Theta Division liefert hiermit ein absolut lupenreines 2D Point & Click-Adventure ab, welches nicht nur spannend erzählt ist, sondern einen in seinen ca. zehn bis fünfzehn Stunden Spielzeit immer wieder überrascht. Kenner des Genres werden sich vor allem über die regelmäßigen Kopfnüsse freuen, mit denen sich Nathan in seiner dystopischen Odyssee auseinandersetzen muss, aber auch für Liebhaber von Cyberpunk und Synthwave ist der Titel durch seine großartige Präsentation definitiv einen Blick wert.

VirtuaVerse ist seit dem 12. Mai für PC über Steam und GOG erhältlich.

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