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Im Test: Torment: Tides of Numenera (PS4)

Planescape: Torment hat sich 1999 in die Geschichte der Rollenspiele eingefräst und gilt heute noch als Vorzeigebeispiel für erzählerische Tiefe und anspruchsvolles Gameplay auch abseits von Kampfsituationen. inXile Entertainment tritt mit dem geistigen Nachfolger Torment: Tides of Numenera nun in diese stolzen Fußstapfen und Publisher Techland gibt uns die Möglichkeit auf PC, PS4 und Xbox One uns von den großen Ambitionen zu überzeugen. Im Test erfahrt ihr, ob das renommierte Gamedesign wirklich zeitlos ist.

Ein tiefer Fall. Und hundert Bilder kreisen in unserem Kopf. Erinnerungen. Aber nicht unsere. Doch wem gehören sie sonst? Und ehe wir diesen Gedanken fassen können, erwachen wir in einem unwirklichen Konstrukt, einer Zwischenwelt, einem Traum. Das Gefühl verfolgt zu werden übermannt uns und Visionen einer fremden Welt brennen sich in unseren Schädel. Das Spiel entführt den Protagonisten wie uns in eine unbekannte Dimension.

Wie schon Planescape: Torment sprudelt dieses Spiel vor Fantasie. Gänzlich ohne Klischees und große Parallelen zu anderen Geschichten werden hier das Leben und die Gesetze der Physik völlig auf den Kopf gestellt. Diese dunkle primitive Science-Fiction-Welt voller altertümlicher Mysterien ferner Zivilisationen ist nicht leicht zu verdauen. Das ist schwere Kost, die mit unendlich vielen Details serviert wird.

Und die Präsentation dieses Werkes ist archaisch. Aus der isometrischen Perspektive erleben wir die Geschichte wie vor zwanzig Jahren mit minimaler Inszenierung. Die optische Darstellung fühlt sich wie die Momentaufnahme aus der Szene eines Buches an. Den Rest erfahren wir im geschriebenen Wort. So sind die sehr umfangreichen Dialoge auch kaum bis gar nicht vertont und die Mimik und Gestik lesen wir in detaillierten Beschreibungen. Torment ist ein Buch, ein dicker Wälzer, der sich auf dem Medium des Videospiels ausgebreitet hat.

Dieses Medium schenkt uns aber die Möglichkeit zur Interaktivität. Wir können nicht nur die Geschichte frei erkunden, sondern auch beeinflussen. Und Torment geht hier einen ungewöhnlichen Weg. Jeder Charakter hat einen begrenzten Pool aus Macht-, Geschwindigkeits- und Intelligenzpunkten, die wir in Dialoge, in unserer Umgebung und im Kampf verwenden können, um bestimmte Aktionen auszuführen. Wer also keine Lust hat, seine Party aus mächtigen Magiern, Schwertkämpfern und Dieben in der Kampfkunst auszubilden und sie mit effektvollen Fähigkeiten auszurüsten, der redet sich mit rednerischem Geschick aus jedem Konflikt heraus oder nutzt seine Umwelt zum eigenen Vorteil.

Das Spiel profitiert dabei vom kompakten, überaus komprimierten, komplexen Design. Die Areale sind klein, die Charaktere überschaubar, die Kämpfe selten, aber jeder Moment strotzt vor Detailreichtum. Keine Situation gleich der anderen. Während wir mehr über uns selbst erfahren wollen, lernen wir viele Charaktere kennen, deren Geschichte nicht weniger umfangreich und interessant ist. Unsere erste Verbündete beispielsweise, Callistege, wird von ihren Kopien anderer Realitäten begleitet. Es fällt schwer ihr mit diesen vielen Persönlichkeiten zu trauen, gleichzeitig macht sie das zu einer weisen, listigen Gefährtin, deren Feinde sie mit viel Ehrfurcht begegnen. Und all diese faszinierenden Feinheiten verknoten sich zu einer spannenden Erfahrung, in die man tiefer und tiefer abtaucht bis man die Luft dieses fremden Kosmos atmet.

Das gilt allerdings leider vollumfänglich bisweilen nur für die PC-Version. Auf den Konsolen, ob Xbox One oder der PS4 Pro, reißen uns technische Defizite ständig aus den Klauen des Spiels. Die Framerate dümpelt in katastrophalen Regionen vor sich hin, grobe Aussetzer bremsen die Immersion, Schatten flimmern penetrant und die Menüs sind träge. Eine Geschichte kann noch so gut sein, ihre Wirkung braucht die technische Ruhe, die Torment auf den Konsolen aktuell nicht bieten kann.

Fazit (eape):
Lasst euch mit dem Protagonisten in diese Geschichte fallen. In eine Welt, die ihr so nie kanntet, die ihr aber bis ins kleinste Detail kennenlernen werdet, die wie ein Roman mit jedem Wort und einem Funken Fantasie geformt wird. Die ihr aber auch selbst gestalten könnt, und frische Rollenspielmechaniken halten eure Aufmerksamkeit dauerhaft auf höchstem Niveau. Technische Probleme auf den Konsolen trüben leider das exzellente Writing, aber ansonsten zeigt uns Torment: Tides of Numenera, dass wie bei einem guten Buch inhaltliche Stärken ein künstlerisches Werk alleine tragen können.

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