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Im Test: Norco (PC)

Mit NORCO veröffentlicht das Indie-Studio Geography of Robots mit Publisher Raw Fury ihr verheißungsvolles Debüt in der bunten Videospiellandschaft. Gar nicht mal so bunt, handelt es sich bei NORCO um ein klassisches Point-&-Click Adventure, welches mit einem Setting aus düsterer Dystopie und Southern Gothic Romantik ein erschreckendes Bild zeichnet, welches man so in dieser Form selten in unserem Hobby antrifft.

Eigentlich wollte Kay nie wieder nach Norco zurückkehren, dem kleinen Vorort in den Sümpfen von Louisiana, an den Toren zu New Orleans. Was mal vorher einmal gutes Farmland war, ist nun ein einziges Industriegebiet des milliardenschweren Konzern Shield, deren Bemühungen für einen sauberen Planeten nur reines Marketing-Gewäsch sind. Meilenweite Fabriken und stinkende Schornsteine reihen sich an den endlosen Flüssen, die so giftig, wie geheimnisvoll sind. Als jedoch Kay’s Mutter Catherine nach langer Krankheit verstirbt und nur noch ihr jüngerer Bruder Blake sein Dasein in der Kleinstadt fristet, kehrt die junge Frau zurück. Die Mutter bereits unter der Erde, fehlt jedoch jede Spur von Blake und selbst die Hausandroidin Million weiß nichts über sein Verbleiben. Kay bleibt also nichts anderes übrig, als ihre einstige Heimat auf der Suche nach ihrem Bruder zu durchforsten und damit auch ihre eigene Vergangenheit zu konfrontieren.

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, handelt es sich bei NORCO um einen Vertreter des klassischen Point-&-Click Adventure Genres. Wir bewegen also einen Mauszeiger über den Bildschirm, suchen damit nach Objekten und Personen, mit denen wir interagieren können, untersuchen, führen Dialoge und lösen dabei etliche Rätsel, die uns immer wieder am Vorankommen hindern. Wer nun die Befürchtung hat, dass hier absurd schwere Rätsel à la Baphomets Fluch auf einen warten, kann beruhigt sein. Diese sind nämlich hier eher von der einfachen Sorte, deren Lösungen in erster Linie logisches Denken vom Spieler verlangen und meistens recht nah auf der Hand liegen. Nehmen wir z.B. eine Situation in der zweiten Spielhälfte. Ein Mitglied eines Kults versperrt uns den Zutritt zu einem wichtigen Raum. Jeden Versuch ihn irgendwie zu überreden klappt nicht und auch körperlich haben wir keine Chance ihn zu überwältigen. Sein Glauben ist unerschütterlich, denn er vertraut seinen Mitstreitern. Unterhalten wir uns aber mit genau diesen, entpuppen die sich schnell als recht sündhafte Geschöpfe. Drogen, Alkohol, Fast Food, Pornos, Videospiele, alles was eigentlich geächtet wird innerhalb des Kults, leben sie großzügig aus. Manchmal ganz offen und öfters auch eher still und heimlich. Dank einer Smartphone-App zum Aufzeichnen von Gesprächen, nehmen wir alle diese Beweise ihrer Sünden auf, um sie danach dem Türsteher vorzuspielen, der darauf völlig desillusioniert seinen Posten räumt und somit uns endlich den Weg frei macht. Eine Stütze, um dabei nicht den Überblick zu verlieren, ist, die sogenannte Mind Map. Dabei handelt es sich um eine gedankliche Karte, mit der Kay alle wichtigen Personen und Informationen abspeichert und in Verbindung bringt, was wiederum neue Dialogoptionen uns eröffnet.

Um ein bisschen Abwechslung in den Point-&-Click Alltag zu bringen, dürfen wir in regelmäßigen Abständen unser Reaktionsvermögen unter Beweis stellen. Meistens passiert das in den wenigen Kämpfen, in denen Kay und ihre Begleiter abwechselnd ihre Angriffe auf die Gegner loslassen dürfen. Jeder hat dabei seine eigene Attacke, die einer speziellen Mechanik folgt. Bei Kay müssen wir uns so die richtige Reihenfolge gewisser Symbole merken, während wir z.B. bei Million hingegen einfach nur auftauchende Knöpfe innerhalb eines Zeitfensters anklicken müssen. Genau wie die Rätsel sind die Kämpfe dabei nicht wirklich herausfordernd und selbst wenn mal ein Partymitglied dabei ins Gras beißt, hat das keine Konsequenzen für den Verlauf des Abenteuers. Man könnte also meinen, dass die Entwickler dem Spieler keine größeren Hindernisse vor die Füße werfen wollten, damit niemand von der Storyline ausgeschlossen wird. Die ist nämlich absolut fanatisch und neben der herrlich dystopischen Stimmung einer der Punkte, die NORCO so besonders machen. Egal ob wir uns mit zwei Schulmädchen oder einem drogenverkaufenden Santa Claus unterhalten, mit jeder Dialogzeile zieht uns Geography of Robots noch mehr in ihre fiebertraumhafte Welt.

Was der Titel nämlich einfach wunderbar kann, ist eine dichte Atmosphäre zu erzeugen, obwohl wir uns eigentlich nur durch 2D Pixel-Art Hintergründe durchklicken. Diese sind aber so detailliert und auf ihrer Art malerisch inszeniert, dass ich mich nur schwer an ihnen sattsehen konnte. Für das audiovisuelle Gesamtpaket fehlt natürlich noch der passende Soundtrack und auch hier haben die Entwickler das richtige Händchen bewiesen. Während Komponist und Entwickler Gewgawly I größtenteils das Spiel alleine musikalisch untermalt hat, gab es auch einige Gastbeiträge, die vor allem von der experimentellen Sludge Metal Band Thou passend abgerundet wurde. Gerade der Remix von Thou’s Goo in the Burning City, welches die Credits begleitet, kann man nicht weniger als den krönenden Abschluss eines Ausnahmetitels bezeichnen.

Fazit
NORCO ist für mich jetzt schon eines der besten Spiele des Jahres. Alles daran holte mich komplett ab und es ist keine Überraschung, dass mich der Titel auch nach dem ersten Durchgang, für den ich ca. 8 Stunden gebraucht habe, immer noch beschäftigt. Nicht umsonst wird das Spiel in Verbindung mit großen Namen wie Disco Elysium und Kentucky Route Zero gebracht und auch wenn ich selber kein großer Fan von letzterem bin, kann ich die Parallelen zu Disco Elysium nun mit diesem Fazit vollständig unterschreiben. NORCO ist eine absolute Empfehlung für jeden, der nicht nur dem Point-&-Click Genre etwas abgewinnen kann, sondern allgemein auf stark narrative Adventures steht. Bloß nicht verpennen und man darf gespannt sein, was die Entwickler in naher Zukunft noch alles auf unsere Bildschirme zaubern werden. 

NORCO ist seit dem 24. März für PC via Steam, GOG und Epic Games Store erhältlich.

(getestet von Para)

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