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SPECIAL: Phänomen „Gothic“ – Die Kultserie feiert Geburtstag

Happy Birthday „Gothic“! Heute vor 15 Jahren, nahm die Erfolgsgeschichte des deutschen Entwicklerstudios Piranha Bytes ihren Lauf. Am 15. März 2001 erblickte deren Erstlingswerk, der Action-Adventure/Rollenspiel-Mix „Gothic“, nach vier Jahren der Entwicklung, das Licht der Welt und machte das junge Studio aus dem Ruhrpott fast über Nacht zum Helden der nationalen Entwicklerszene. Wie ein Strohfeuer verbreitete sich weltweit die Kunde, dass ein Rollenspiel aus deutschen Landen nach der Genre-Krone streben würde.

Der Erfolg kam überraschend, sowohl für die Entwickler selbst, als auch für die Fachpresse und die Spielergemeinschaft.“Gothic“ profitierte in diesem Jahr von der fehlenden Konkurrenz im direkten Genre-Vergleich: Es war gerade zwei Jahre her, das Richard Garriott alias Lord British, mit dem neunten Vertreter der „Ultima“- Reihe eine Bauchland hingelegt hatte. Nicht umsonst versuchte sich „Gothic“ im Marketing als „Ultima 9“-Killer zu profilieren. Der retrospektiv gesehen größte Konkurrent des ersten „Gothic“-Abenteuers wiederum, ließt mit „The Elder Scrolls: Morrowind“ noch ein weiteres Jahr auf sich warten.

Der Zeitpunkt konnte nicht besser sein, jetzt musste nur noch das Spiel selbst überzeugen. Und das tat es auch. Die Piranhas verstanden es mit „Gothic“ hervorragend, der stagnierenden Rollenspiellandschaft des frühen Millenniums einen einzigartigen, neuen Vertreter zu präsentieren. Grob, sauschwer, schön anzusehen und schlichtweg anders – das war „Gothic“ und damit konnte das ungewöhnliche Kleinod punkten.

Beneath a Magic Sky

„Gothic“ erzählt dabei die Geschichte eines namenlosen Helden, der in den Wirren eines Krieges zwischen Menschen und Orks, für ein unbekanntes Verbrechen, zu einem Dasein in der Gefängniskolonie der Insel Khorinis verdammt wird. Die Gefängniskolonie befindet sich im sogenannten Minental der Insel und war einstmals der Garant der militärischen Machtbasis des Königreichs Myrtana. Dies änderte sich jedoch, als, auf Geheiß des Königs, eine Gruppe ausgewählter Magier eine magische Barriere um das Minental erschaffen sollte. Unbekannte Kräfte intervenierten bei der Entstehung der Barriere. Am Ende verloren die Magier die Kontrolle über den eigenen Zauber, der seinen schweren Tribut forderte. Von der Außenwelt abgetrennt, saßen die Magier jetzt selbst im Minental fest und die Gefangenen nutzen die Gelegenheit, um die Herrschaft an sich zu reißen. Unter dem künstlichen Firmament der magischen Kuppel bildeten sich neue Gemeinschaften – das Alte Lager, das Neue Lager und das Lager im Sumpf – heraus, die Handelsbeziehungen mit der Außenwelt florierten für wenige Auserwählte und ein stetiger Nachschub an Gefangenen ermöglichte den weiteren Abbau der magischen Erze, die im Krieg gegen die Orks so dringend benötigt wurden. Alsbald wurde ein namenloser Held in die Kolonie gebracht, dessen Abenteuer mit einer Faust im Gesicht beginnen würde.

Grob, gröber, „Gothic“

Die Welt von „Gothic“ hatte dabei schon immer ihren ganz eigenen Charme. Beseelt durch den ausgefallenen Handlungsort einer mittelalterlichen Gefängniskolonie, herrschte unter den Strafgefangenen des Minentals ein rauer Umgangston. Dazu kamen die schön anzusehenden, wenn auch oft erdigen Landschaften, die erst in „Gothic 2“ etwas Farbe gewinnen würden. Im Gesamtbild erschuf sich eine desolate, feindliche Welt, in der es zu Überleben galt. Der hohe Schwierigkeitsgrad und die krude Steuerung taten dabei ihr übriges, das Abenteuer nicht zu einer Kaffeefahrt mutieren zu lassen. Die Gegner kamen in mannigfaltigen Formen daher: Menschliche Antagonisten mit Schwert und Magie, kriegerische Orks, im Rudel attackierende Scavenger oder gefährliche Bestien wie Schattenläufer, Sumpfhaie oder Trolle stellten sich dem Spieler entgegen. Diese orientierten sich nicht am Level des Protagonisten, wie zum Beispiel in der „The Elder Scrolls“-Reihe, sondern hatten von vornherein feste Erfahrungsstufen, ähnlich dem aktuellen Rollenspiel-Hit „The Witcher III“ von CD Projekt RED. Das Erkunden der abwechslungsreichen Spielwelt, die fast gänzlich ohne Ladebildschirme auskam, wurde so oft zu einer tödlichen Tour de Force.

Ein Kampf mit den Tasten

Das archaische Kampfsystem des ersten „Gothic“-Abenteuers galt neben den zahlreichen Bugs der frühen Spielversionen und einem mehr schlecht als recht improvisierten Inventar- und Handels-System, als größtes Manko eines ansonsten fast perfekten Spiels.

Gesteuert wurden die Kämpfe (Nah- und Fernkampf, sowie Magie) durch kombinierte Eingaben der STRG- und Pfeiltasten auf der Tastatur, während mit der Maus lediglich die Ausrichtung des Heldencharakters beeinflusst wurde. Das ganze hörte sich 2001 bereits so umständlich an, wie es auch heute noch klingt.

Vom Schürhaken bis hin zum magischen Schwert Uriziel standen mehr als 100 verschiebende Waffen zur Verfügung. Rüstungen waren weniger reichlich vorhanden, diese wurden aber eng verknüpft mit dem Gildensystem des Spiels, nur zu festen Story-Fortschritten, an den Spieler herausgegeben.

Ein besonderes Feature von „Gothic“ zeigte sich darüber hinaus im Kampf gegen Menschen. Besiegte humanoide Gegner waren nicht sofort Tod, sondern lediglich bewusstlos. Hier konnte der Spieler entscheiden, ob dem Gegner per Gnadenstoß das Leben genommen werden sollte oder eben nicht.

Traumhafte Klänge

Der deutsche Komponist Richard Wagner (1813 – 1883) bezeichnete einst die Musik als die Sprache der Leidenschaft. Musik erzeugt Emotionen, baut Spannung auf, lädt zum Träumen oder zum Fürchten ein. An Stimmlagen erkennen wir derweil, wie uns ein Gegenüber gesinnt ist. So ist es nicht verwunderlich, dass die Akustik eines Videospiels, viel zum eigentlichen Charakter einer Spielwelt beizusteuern vermag. Die Vertreter der „Gothic“-Reihe, angefangen mit dem ersten Teil, haben sich phonetisch nie vor der Konkurrenz verstecken müssen. Im Prozess der Jahre entwickelte sich Hauskomponist Kai Rosenkranz stetig weiter und von Spiel zu Spiel reifte der einzigartige Soundtrack des Virtuosen zunehmend heran. Die Sound-Kulisse des ersten Werks überzeugte dabei insbesondere durch martialische und mysteriöse Klänge, die sich bis zu „Gothic 3“ in einem epischen, orchestralen Soundtrack aufbäumen würden. Das Minental, aber auch Khorinis, Jharkendar oder Midland, wirkten durchweg lebendig und lebensecht. Menschen unterhielten sich miteinander, Tiere gaben Warngeräusche ab, näherte sich der Spieler zu nah heran. Wetter und Wind erzeugten ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit, und die Stimmen der Freunde erhellten das Gemüt. Ein ungewöhnliches Experiment zu dieser Zeit, wagten die Piranhas zudem mit dem Gastauftritt der deutschen Mittelalter-Band In Extremo, die im zweiten Kapitel von „Gothic“ ihren Hit „Herr Mannelig auf der Bühne des Alten Lagers zum Besten gaben. Ein Experiment, das gerne mehr Nachahmer hinter sich hätte herziehen können.

Cogito Ergo Sum

Weshalb erinnern wir uns heute noch immer so intensiv an die „Gothic“-Reihe, wo doch schon so viele Jahre ins Land gezogen sind, die Technik Quantensprünge vollzogen hat und die Genre- Konkurrenz nicht untätig blieb? Neben den bereits genannten Features, ist dies vermutlich einem der größten Stärken der „Gothic“-Reihe zu verdanken, nämlich seinen erinnerungswürdigen, vielschichtigen Charakteren. Diego, Milten, Lester, Xardas und Gorn sind heutzutage noch genauso in der Erinnerung vieler Spieler verankert, wie auch die Namen Lee, Cor Angar, Mud oder Lares uns an die gute alte Zeit denken lassen. Jeder Charakter hatte seine eigene Persönlichkeit, seine eigenen Motive, seinen eigenen Hintergrund. Von einigen hatten wir mehr Charakterisierung (zum Beispiel dank des offiziellen Comics oder durch Aussagen der Piranhas in den Foren) von anderen nur die Infos, die uns das Spiel bot. Gemeinsam hatten sie jedoch ihre Einzigartigkeit. So wurde jedes Quest für sich genommen wichtig, jeder Spaziergang in den Lagern ließ uns aufhorchen, ob nicht gerade wieder Charaktere wie Bloodwyn an der nächsten Ecke lauerten, um von uns Schutzgeld zu erpressen. Diese erinnerungswürdigen Charaktere gab es auch noch in „Gothic 2“ (zum Beispiel Lord Hagen), doch hier wurde der Anteil bereits deutlich übersichtlicher. Es waren die Ur-Charaktere, die „Gothic“ letztendlich über die Jahre definierten.

Allen voran stand jedoch unser namenloser Held, hervorragend in Szene gesetzt von Synchronsprecher Christian Wewerka. Der freche Ruhrpott-Charme, die oft sarkastischen Antwortmöglichkeiten und sein bodenständiger Charakter waren essentielle Bestandteile, die „Gothic“ zu dem Phänomen „Gothic“ überhaupt erst werden ließen. Er war einer der wichtigsten Stützpfeiler des Gesamtpakets, dass uns auch heute noch, 15 Jahre nach der Erstveröffentlichung, nostalgisch an den zeitlosen Charme des Klassikers denken lässt.

„Gothic“ brachte drei Nachfolger und mehrere Addons, einen Comic sowie ein Mobile-Spiel hervor. Es bleibt eines der innovativsten und international bekanntesten Videospiele aus deutschen Landen und der Kult-Titel der Piranha Bytes darf sich zurecht weltweit über eine weiterhin treue Fan-Gemeinde freuen. Aktuell warten besagte Fans auf den nächsten großen Titel der „Gothic“-Macher. Das Science-Fiction-Rollenspiel „Elex“ ist für Frühjahr 2017 angesetzt und verspricht nach den Freibeuter-Ausflügen der „Risen“-Reihe in Belangen des Gameplay eine Rückkehr zu den Wurzeln. Wir können gespannt sein!

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